Nürnberger Nachrichten (18.12. 2001)

Weihnachtsgeschenke frisch vom Grill

Berliner Künstler verbrennt Präsente und verpackt die Überreste wieder

Berlin- Claudia Rannow hat nicht gespart. Immerhin 69 Mark gab sie für eine Krawatte aus, die ihr Vater zu Weihnachten erhalten sollte. Jetzt wird sie dem alten Herrn am 24. Dezember etwas ganz anderes überreichen: Es handelt sich um ein liebevoll geschnürtes Päckchen, in dem sich nichts anderes als Asche befindet. Asche, die vorher mal eine Krawatte war. Ob er sich darüber freut? Ob es Ärger gibt an Heiligabend?
Es war eine eigenwillige Aktion, an der sich die 39-jährige Berlinerin beteiligt hat. Vor den Arkaden am Potsdamer Platz, einer großen Einkaufsgalerie, war sie auf die "Fröhliche-Geschenke-Verbrenn-Aktion" des Künstlers Christian 3 Rooosen gestoßen und hatte sich spontan dafür begeistert. Der Mann mit dem rätselhaften Namen bietet Passanten an, ihre eben erworbenen und hübsch verpackten Präsente zu verbrennen und die kümmerlichen Überreste dann erneut als Geschenk einzuwickeln.

Kein Jux

Das macht er natürlich nicht nur aus Jux, schließlich ist er ja ein Künstler. Christian 3 Rooosen will auf den Bescherungs-Irrsinn hinweisen, der in diesen Tagen fast jeden von uns erfasst hat. Alles drehe sich doch sowieso nur ums Geld, sagt der Provokateur. Und das Geld für die lieben Verwandten sei mit dem Kauf schon ausgegeben. Dann könne man die Ware ebenso gut in eingeäschertem Zustand überreichen.
Was vielen Pfarrern, Erziehern und Gesellschaftskritikern nicht gelingt, nämlich die Menschen in ihrem Kaufrausch zur Besinnung zu bringen, das schafft Christian 3 Rooosen spielend. Die Passanten bleiben stehen, betrachten den zum "Geschenkeverbrenner" umgewandelten Grill, und kommen mit dem Künstler ins Gespräch. Manche beschimpfen ihn, andere loben ihn. Nur die Päckchen aus der Tüte holen und auf den Rost legen, das will kaum einer. Gute Idee, aber Oma Ilse und Onkel Horst würden das wohl nicht verstehen.
Der Aktionskünstler mit Rauschebart und schwarzem Nikolausmantel verkleidet will kein Moralist sein, der die Leute mit erhobenem Zeigefinger belehrt. Ihm geht es darum, mit Humor die üblichen Denkstrukturen aufzubrechen. Deswegen nimmt er es den Passanten auch gar nicht krumm, wenn sie ihm nichts zum Verbrennen geben. Zur Not hat er selber immer ein paar Päckchen dabei. Dass man sich mit Asche-Geschenken nicht gerade beliebt macht, mußte der gelernte Kommunikationsdesigner bei seiner eigenen Geburtstagsfete erfahren. Damals testete er seinen Einfall und warf alle Präsente ungeöffnet ins Feuer. Seitdem hat er zwei Freunde weniger, aber der Idee blieb er treu.

Vor dem KaDe We

Mit besonderer Freude stellte er sich vor einer Woche am Eingang des KaDaWe, des luxuriösesten aller Berliner Kaufhäuser, auf. Hatte doch gerade dieses Warenhaus mit dem Slogan "Geschenke für Menschen, die schon alles haben" geworben. Na bitte. Sein Auftritt war aber nur von kurzer Dauer, das winzige Grillgerät erfüllte die Auflagen des Feuerschutzes nicht, und außerdem hatte er keine Standgenehmigung des Tiefbauamtes. Da hilft die ganze Kunst nichts. "Der will doch nur Aufsehen erregen", sagte ein Hauptkommissar, während er die Aktion beenden ließ. Da lag der Polizist gar nicht so falsch.
Es ist fast überflüssig zu erwähnen, wie das Weihnachtfest im Hause von Christian 3 Rooosen aussehen wird. Nach dem Auspacken der Geschenke müssen sich die Verwandten zunächst mal die rußgeschwärzten Hände waschen.

Harald Baumer

 
www.3rooosen.de/pro_texte.htm